Eine Auswahl geschichts-, sozial- und politikwissenschaftlicher Bücher zum Thema USA
Arlie Russell Hochschild
Geraubter Stolz
Verlust, Scham und der Aufstieg der Rechten
Geb., 360 S.
Was passiert, fragt Arlie Russell Hochschild, wenn Menschen in einer schwer getroffenen Region, wie Pikeville, Kentucky, nicht nur Sicherheiten, sondern auch ihren Stolz verlieren und von einem politischen Appell adressiert werden, der ihnen das Gefühl vermittelt, bestohlen zu werden? In diesem Buch konzentriert sich Hochschild auf Männer aus der Arbeiterschaft. Ihre Lebensrealitäten geben Auskunft über eine sich verändernde politische Landschaft. Hochschilds brillante Untersuchung nimmt die Reaktionen der Stadt auf einen Aufmarsch weißer Nationalisten im Jahr 2017 in den Blick und führt uns tief in eine zerrissene Gemeinschaft. Doch zugleich zeigt dieses Buch auch einen Weg nach vorne auf.
Das Ende des Kalten Krieges und der Aufstieg des Neoliberalismus
Geb., 440 S.
Der Historiker Fritz Bartel erzählt, wie der Druck, Versprechen zu brechen, das Ende des Kalten Krieges einleitete. Im Westen gab der Neoliberalismus Ronald Reagan und Margaret Thatcher das politische und ideologische Rüstzeug, um Industrien abzuwickeln, Sparmaßnahmen durchzusetzen und die Interessen des Kapitals über die der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stellen. In Osteuropa wehrten sich die Revolutionäre wie Lech Walesa gegen jeden Versuch, die Regeln des Marktes durchzusetzen. Und Michail Gorbatschow gelang es letztlich nicht, das sowjetische System zu reformieren.
Dieses Buch versammelt vierzehn religiöse Führungspersönlichkeiten der USA vom frühen 19. Jahrhundert bis heute, um sichtbar zu machen, warum religiöse Weltdeutungsangebote verlockend waren und wie sie sich wandelten. Unter den Protagonistinnen und Protagonisten finden sich die ehemalige Sklavin Amanda Berry Smith, die für die Überwindung der segregierten Gesellschaft nach dem Bürgerkrieg steht, ebenso wie Jerry Falwell, der in den 1980er Jahren die Entstehung der ultrakonservativen New Christian Right forcierte, sowie Pauli Murray, die nach ihrem Tod zu einer Ikone der LGBTQ-Bewegung aufstieg. Von den biografischen Momenten ausgehend entwirft Stefanie Coché auf breiter Quellenbasis eine Textur der amerikanischen Gesellschaft. Sie erlaubt weit über die einzelnen Figuren hinausgehende Schlüsse zu zentralen sozialgeschichtlichen Fragen wie race, class und gender sowie zum Verständnis der Demokratie.
Die amerikanische Konsumenten-Ökonomie hat ihren Ursprung in der Macht der Agrar-Lobbys im ausgehenden 19. Jahrhundert, so Monica Prasad. Die Farmer setzten das Ende des Goldstandards durch und damit die »Demokratisierung« des Kredits, also eine Politik des leicht verfügbaren Geldes, sowie der progressiven Besteuerung. Die progressive Besteuerung führte zu immensen Abschreibungsmöglichkeiten für Wohlhabende, während die leicht verfügbaren Kredite, auch als Kompensation für mangelnde sozialstaatliche Absicherung, Geringverdienende in die Schuldenfalle trieben. Prasad zeigt in ihrem Buch, wie verheerend bestimmte Formen von Krediten für einen Wohlfahrtsstaat sind, und verweist in ihrer vergleichenden Studie auf die unterschiedlichen Entwicklungen in Europa und den USA.
Ella Müller zeichnet in ihrer Studie die historische Genese des Anti-Environmentalism in den USA nach. Sie zeigt, wie aus dem Widerstand gegen einzelne Maßnahmen ein reaktionäres politisches Projekt werden konnte, dessen treibender Motor der Kampf gegen das liberale Amerika wurde. Auf breiter Quellengrundlage und mit großer erzählerischer Kraft rekonstruiert sie die Geschichte einer Radikalisierung: von den 1960er Jahren über die Reagan-Revolution bis zu den Kulturkämpfen der Gegenwart. So gewährt dieses Buch nicht zuletzt bedeutende Einblicke in die Entwicklungsgeschichte der amerikanischen Rechten.
Seit den 1960er Jahren erodierte die Überzeugung mithilfe des Staates gesellschaftliche Probleme lösen zu können. Ariane Leendertz zeichnet in ihrer Studie diesen Prozess anhand der Debatten über Komplexität und Regierbarkeit und der Geschichte der Urban Policy in den USA nach. Mit ihrem Buch gelingt es der Historikerin auf bestechende Weise, den Wandel von Staatlichkeit und die Verbindung zwischen neoliberaler Theorie und politischer Praxis zu veranschaulichen.
Antisemitismusdiskurse in der US-amerikanischen Linken nach 9/11
Geb., 487 S., Open Access
Sina Arnolds Buch ist eine fesselnde Studie über Antisemitismusdiskurse in der US-amerikanischen Linken, die zugleich einen entscheidenden Beitrag zum Verständnis des globalen Antisemitismus im 21. Jahrhundert leistet.